Eine Seefahrt die ist lustig, ...

Nach 20 Stunden Busfahrt mit dutzenden Bear Grylls Anekdoten aus den Reihen hinter uns, Mc Donalds Halten und einer noch schnell gehäkelten Mütze fürs (wie wir meinen) eisige Schweden, erreichen wir am Samstag, dem 6.9., das Scandtrack Basiscamp.
Während wir so unsere Sachen für die Tour einsammeln und umpacken, überlegen wir, ob wir wohl doch neben den Klamotten, mit denen wir auch für einen plötzlichen Wintereinbruch in Schweden gerüstet wären, ein paar sommerliche Sachen hätten mitbringen sollen? Traue nie dem Wetterbericht...
Als wir dann endlich gegen 16:00 Uhr mit unserem vollgepacktem Kanu in See stechen, demonstrieren wir erst mal eindrucksvoll den zur zuvor als häufigen fehler beschriebenen Zick-Zack-Kurs. Doch schon nach einer Stunde meinen wir, den Aufstieg zu "geübten Paddlern" feiern zu können. Wir entscheiden, dass das genug Erfolg für heute ist und legen an einer kleinen Insel im Foxen an.
Am Abend lernen wir unsere beiden vorläufigen Mitpaddler besser kennen und bemerken, dass man wohl manche Fast-Nachbarn aus der Heimat erst in Schweden kennenlernt.
Nach einer schlaflosen Nacht im Bus, in der mich Flo mit dem vorwurfsvollem Hinweis “Du schnarchst.” jeweils nach dem einschlummern sofort wieder weckte, ist die erste Nacht im Zelt nun der Himmel auf Erden. Von meinem Schnarchen ist er wohl jetzt überzeugt, dass es wilde Tiere und ähnliches vertreibt.

Am Sonntag machen wir uns dann gemeinsam Richtung Süden auf und unser Kanu-Wagen kann zum ersten mal sein Können unter Beweis stellen als wir mit beiden Kanus auf den Lelång umsetzen. Kaum, dass wir wieder drauf los paddeln schlagen uns jedoch heftige Wellen entgegen und ich fühle mich vorne im Kanu wie auf einer Hüpfburg.
Bei einer Pause an einer Mini-Insel entdeckt Flo, wie man übers Wasser gehen kann (siehe Beweisfoto). Anhand des vielen Kots auf der Insel folgere ich glasklar, dass hier auf jeden Fall Elche auf Toilette gehen, die können ja schließlich schwimmen, oder? (Flo meint Wasservögel, die hier schlafen seien plausibler, aber das schmettere ich sofort ab.)
Da uns der Wind immer noch heftig entgegen bläst, sind wir vier uns einig, kürzer als geplant zu paddeln. Weil man hier schon im Hinfallen etliche essbare Pilze mit handflächen-großen Köpfen aufzusammeln scheint, fällt es uns nicht schwer unsere Pilz-Reis-Pfanne etwas aufzuwerten und nachdem alles verdrückt ist fallen wir dann auch ziemlich schnell ins Bett... ähh Zelt.

Am nächsten Morgen stellen wir erleichtert fest, dass unser windschiefes Zelt, bei dem abends ein Gestänge gebrochen war, die regnerische Nacht doch ganz gut überstanden hat.
Als wir uns dann am Mittag in Gustavsfors schon auf den zweiten Einsatz unseres Kanu-Roll-Gefährts eingestellt haben überrascht uns ein anwesender “Slusskontrollant”. Er ist dank des schönen Wetters heute ausnahmsweise mal da und wir schleusen Richtung Västra Silen.
Im strömenden Regen kommen wir schließlich an unserer Lagerinsel mit kleiner Bucht an und freuen uns riesig über die erste Hütte am Lagerplatz (76).
Dank einigen Schwierigkeiten beim Feuermachen mit nassem Holz ist die Erkenntnis des Tages dann, dass die Schwimmweste nicht nur dein leben rettet sondern auch dein Feuer (sie eignet sich auch als Blasebalg)!

Am Dienstag trennen wir uns erst mal von unseren Dresdner Mitpaddlern, da sich unsere Vorstellungen der täglichen Paddelstrecken doch ein wenig unterscheiden, und vereinbaren, uns am letzten Tag zum Umtragen in Lennartsfors wieder zu treffen.
Auf der heutigen Etappe, ca. 30 km Richtung Süden, beschippern wir den Västra Silen, den Svärdlång (aha, wieder ein langer See) und kommen im Laxsjön schließlich an unserem Lagerplatz (47) auf einer Halbinsel vor Billingsfors an.
An meinem persönlichen Lieblings Zuhause-für-eine-Nacht kochen wir über dem Feuer eine leckere Bohnenpfanne, auf die auch unsere Mitesser (zwei Mäuse, siehe Foto) total abfahren. Das wird dann wohl bei Menschen und Mäusen eine wohlig warme, wenn auch müffelnde Nacht im blauen Dunst der Bohnen ;).

Am nächsten Morgen überhören wir dann gekonnt den am Vorabend in voller Übereifer auf 7:00 Uhr gestellten Wecker. Trotzdem können wir dann , dank eines ausgetüftelten neuen Arbeitsteilungssystems, recht zeitig aufbrechen. Schließlich stehen heute drei Umtrag-Stellen an, wie wir zunächst denken...
Als wir dann letztlich nach viermaligem Umtragen und fünf Schleusen (innerhalb von 1,5 Stunden!) weiter Richtung Bengtsfors paddeln, erscheinen uns schon 5 Minuten ohne leuchtend orangen “Sluss”-Hinweis (was für uns im Wasser tatsächlich immer “S(ch)luss” bedeutete) wie ein kleines Wunder.
Nach dem letzten Umtragen in Bengtsfors und einer ausgiebigen Mittagspause stellt sich uns kurz nachdem wir wieder auf dem Wasser sind das nächste Hindernis. Diesmal keine Schleuse, nein, Flo hat einen Sprungturm im See entdeckt. Na klar, da würde ja schließlich jeder bei gefühlten Minusgraden im Wasser unbedingt erstmal eine Runde springen wollen!
Nach diesen kleinen Exkurs müssen mir einsehen, dass der Lelång wohl nicht unser Freund ist. Entgegen unserer Hoffnung, nun Rückenwind zu haben (da am Sonntag in der Gegenrichtung ja Gegenwind herrschte), hat der Wind natürlich gedreht und pustet uns wieder entgegen. Ausgepowert kommen wir in Herrenäs an einem (wieder mal) wunderschönem Rastplatz (59) an und verdrücken jeder einen Berg voll Nudeln mit "passionierten" Tomaten (wie Flo meint).

Als wir am Donnerstag Morgen tatsächlich schon 6:15 Uhr den Kopf au dem Zelt strecken ist, wo gestern noch das Ufer gegenüber su sehen war, nichts als einer Suppe aus weißem Nebel. Was wir vorerst als gewöhnlichen Morgennebel einschätzen, erkennen wir als Irrtum, nachdem wir uns bis zum Mittag am Ufer entlang hangeln, um nicht gänzlich im Nirwana verloren zu gehen.
Am Mittag tragen wir um, um auf den Nedre Blomsjön zu gelangen. Die anfangs vier Kleidungsschichten sind auf eine geschrumpft, da die Sonne endgültig den Kampf gegen den Nebel gewonnen hat.
Heute entdecken wir nach Tagen der Einsamkeit auch wieder, dass noch andere Kanuten unterwegs sind, als uns eine schwedische Schulklasse überrascht, als wir gerade wie gewohnt gleich nackt zum waschen in den See springen wollen. Sie schlagen ihr Lager dann aber doch am Ufer gegenüber auf und nur die Mädels schippern in der Nacht einmal zu uns, oder besser gesagt zu unserem Plumpsklo.

Auf unserer nun schon vorletzten Etappe halten wir wachsam die Augen offen, da wir immer noch ein kleines Fünklein Hoffnung haben, doch noch einen Elch zu sichten. Doch wir haben auch heute kein Glück und entdecken stattdessen “fliegende Pinguine” (irgendeine Entenart, die von unten so aussieht). Außerdem stoßen wir an der letzten Umtrag-Stelle immerhin auf “original schwedische” Pferde und Kühe, mit denen ich auch gleich Kommunikationsversuche starte (Wenn man tagelang nur mit dem eigenen Freund unterwegs ist muss man sich zwischendurch auch mal mit anderen unterhalten (; ).
Da Flo inzwischen schon echter Feuer-mach-Profi ist (er spaltet das Holz inzwischen schon freihändig und untermauert das mit einer Art Kriegsgeschrei), sitzen wir auch heute Abend gemütlich am Lagerfeuer und genießen königlich unseren Instant-Tee “King George”.

Am letzten Morgen unserer Tour st es dann wirklich mal so kalt, wie wir es für die ganze Woche erwartet hatten, weswegen Flo beim Frühstück Aufwärmübungen um die Feuerstelle macht und dabei Wanderlieder trällert. Auch der Zustand der Nutella, die ich heute in Scheiben aufs Brot legen muss, verrät, dass die Nacht wohl die kälteste war.
Doch die Sonne scheint schon und wir haben noch mal eine herrliche Strecke Richtung Foxen vor uns, auf der wir uns an etlichen Inseln und Halbinseln vorbei schlängeln. Da kann ich meiner Lieblingsausrede für Paddel-Pausen, “Ich schau erst mal auf die Karte”, ausgiebig nachgehen.
Je näher wir dem Basiscamp kommen, umso mehr rote Scandtrack-Zelte schimmern an allen Ecken durch die Bäume und wir sind froh, das Ende der Paddelei noch ein bisschen herauszögern zu können, da wir ja noch unserer Paddelbekanntschaft beim Umtragen helfen wollen.

Doch leider hat alles ein Ende und als wir dann nach einer leckeren Portion Köttbullar auch schon wieder im Bus Richtung Heimat sitzen, vermissen wir bereits die endlosen Seen und Wälder und können nicht glauben, wie schnell so eine Woche vergehen kann.
Mein Highlight der Busfahrt ist dann, dass ich doch einen Elch zu Augen bekommen, im Vorgarten eines kleinen Häuschens! Leider habe ich keine Zeugen im Bus gefunden und so werde ich wohl nie erfahren, ob ich vielleicht doch nur halluziniert habe...

Bleibt nur noch zu sagen: Vielen Dank, liebes Scandtrack-Team, für diesen wunderschönen Urlaub, und bis bald Schweden!

Geschrieben im September 2014, Franziska L.

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