Abenteuer Kanutour mit Teenagern

Lange Zeit wußten wir nicht, wie unser gemeinsamer Familienurlaub aussehen soll. Bei Internetrecherchen stieß mein Mann auf die Seite von scandtrack. Unser Sohn war gleich begeistert. Der Erstkommentar unserer Tochter lautete:" Dort gibt es doch keinen Strom und auch kein WLAN für mein Handy!"
Wir, das sind Michael (49), Bettina (43), Erik (13) und Henriette (12), entschieden uns für die Kanutour auf eigene Faust. Wie wird sich diese Reise mit zwei zivilisationsverwöhnten Teenagern gestalten?
Am Freitag, 25.07.2014, startete unsere Reise gegen 14.00 Uhr bei Nieselregen in Dresden. Eine lange Busfahrt mit Zusteigestops in Leipzig, Berlin, Hamburg und Putgarden lag vor uns. Das Handy unserer Tochter blieb übrigens gleich zu Hause! Und obwohl wir Richtung Norden fuhren und dazu noch in die Nacht hinein, stieg die Aussentemperatur stetig an. In Nordeuropa hatte sich ein großes und beständiges Hochdruchgebiet festgesetzt. Hoffentlich noch recht lange!
Samstag, 26.07.2014, kamen wir mit etwas Verspätung so gegen 12.30 Uhr im Camp in Lennardsfors an. 4 Reisebusse waren schon vor uns da, dementsprechend hektisch geht es bereits zu. Beim Umpacken unserer Sachen müssen wir unbedingt aus unseren langen Hosen raus- es sind gefühlte 35°C ! Auf Grund der Hitze und Trockenheit der letzten Tage herrscht absolutes Feuerverbot. Eigentlich hätten wir die Grillroste gleich im Camp lassen können, nehmen sie aber doch mit und decken uns zusätzlich mit 2 weiteren Flaschen Brennspiritus ein. Nun schnell noch zur "Paddeleinweisung", denn wir sind diesbezüglich absolute Neulinge. Am Steg herrscht Chaos, den mittlerweile kommen die ersten Heimkehrer der Vorwoche zurück ins Camp! Wir schaffen es aber ohne Kentern und andere Unfälle unsere zwei Kanus zu beladen. Gegen 15.30 Uhr ist es soweit- mit einigen beherzten Paddelschlägen sind wir auf dem Wasser. Sofort umfängt uns angenehme Ruhe und ich habe das Gefühl: " Jetzt beginnt der Urlaub!" Die Sonne brennt vom Himmel und keiner von uns hat zwischen Ankommen im Camp, Ausrüstung empfangen, Umpacken und Kanu beladen an Sonnencreme gedacht. Also machen wir nach wenigen Minuten am gegenüber liegenden Ufer einen kurzen Zwischenstop und holen dies nach. Wir sind uns einig:" Heute reißen wir keine Bäume mehr aus!" Wir paddeln auf dem Foxen Richtung Norden und halten Ausschau nach einem geeigneten Platz für 2 Zelte. Die lange Busfahrt hat uns geschlaucht, die Sonne lacht und der See läd einfach nur zum Baden ein! Nach ca. 5 km ist so ein Platz gefunden, die Kanus entladen und ab in die Fluten! Das Wasser ist erstaunlich warm! Danach verschaffen wir uns einen Überblick über den Inhalt der Verpflegungstonnen, sortieren etwas um. Wie lange wird das Frische bei diesen Temperaturen frisch bleiben? Bei jeder sich bietenden Gelegenheit müssen die Tonnen ins Wasser oder in den Schatten. Vater und Sohn kümmerten sich dann um den Zeltaufbau, wir Frauen um das Abendessen. Original Jette- Kommentar." Der erste Tag in Schweden war gar nicht mal so schlimm!" ;-)
Sonntag, 27.07.2014: Wir haben tatsächlich bis 8.00 Uhr geschlafen. Dann ein erstes Bad im See- total toll zum wach werden! Nach einem gemütlichen Frühstück, dem Zusammenpacken und Beladen der Kanus ging es noch einmal ins Wasser und gegen 11.00 Uhr raus auf den Foxen. Wir hatten im Vorfeld keine Route geplant und die Standortbestimmung allein mit Karte fiel uns anfangs nicht leicht. Deshalb beschlossen wir, uns immer am rechten Ufer zu orientieren und die nächsten Tage Richtung Norden zu fahren. Das Paddeln als Mutter- Sohn- Team und Vater- Tochter- Team ging schon bald recht gut, wir kamen voran und hatten Spaß bei herrlichsten Sonnenschein.Gegen Mittag kamen wir an eine kleine flache Bucht, zur Begrüßung hatten Vorbesucher einen Steinobelisken aufgebaut. Hier gefiel es uns und wir hielten zum Mittagslunch, zum Baden und Sonnen. Im Moment des Aufbruchs bemerkte ich, wir haben die Grillroste nicht dabei! Wir hatten sie früh vergessen einzuladen! Also, zurück zu unserem ersten Übernachtungsplatz! Und obwohl nur ein kleines Lüftchen wehte merkten wir schon bald, das es bedeutend anstrengender war gegen den Wind zu fahren. Aber wir fanden "unseren" Rastplatz wieder und zum Glück lagen beide Grillroste noch da! Erst wollten wir nur kurz verschnaufen, dann entschlossen wir uns zu bleiben- ein Gewitter zog auf. Also schnell ausladen und Zelte aufbauen. Alle packten mit an und so schafften wir es im Trockenen. Nach 1,5 h Regen, Hagel und Blitzen war der Spuck vorbei und der Sonnenuntergang fantastisch.
Montag, 28.07.2014: Früh waren die Zelte noch feucht, also abwarten mit dem Zusammenpacken. Wir erkundeten unsere Umgebung zu Fuß, doch schon bald brannte die Sonne wieder so heiß, das es uns ins Wasser des Foxen zog. Es war schon fast Mittag als wir mit unseren Kanus aufbrachen. Die "Ameiseninsel" war unser erstes Ziel. Wir paddelten einmal um die Insel herum, um dann an der Südspitze anzulegen. Es folgte ein kleiner Fußmarsch über die Insel, um uns von den gigantischen Ameisenhügeln selbst zu überzeugen. Wir verewigten uns im Gästebuch der Schutzhütte und verließen die Insel Längöarna Richtung Norden. Unser Ziel: die Insel Bärön und der Lagerplatz 19. Aber dort war es leider sehr voll. Also noch ein paar Paddelschläge weiter, auch wenn uns die Hitze etwas zu schaffen machte. Aber irgendwie hatten wir uns so an die Ruhe gewöhnt.
Dienstag, 29.07.2014: Das Schönste am Morgen? Ein ausgiebiges Bad noch vor dem Frühstück und dann ein Kaffee! Leider hat uns dieser nicht bis zum Schluß gereicht. Wer also starker Kaffeetrinker ist, sollte sich mit einer zusätzlichen Dose löslichen Kaffees eindecken.
Der heutige Tag beschehrte uns wieder ungetrübten Sonnenschein. Wir paddelten weiter nordwärts. Die zurückgelegte Strecke lässt sich ohne Hilfsmittel schwer schätzen, ist uns aber auch egal. Am Nachmittag frischte der Wind auf und auch sonst machten sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Wir fanden eine Bucht, die etwas windstiller war. Der ideale Platz zum nächtigen.
Jette, unsere kleine "Küchenfee" wollte unbedingt die im Outdoor-Kochbuch aufgefürten Pizzataschen zubereiten.Das Ergebniss mit Spirituskocher ( noch immer herrscht Feuerverbot) war recht ansehnlich und lecker! Doch wohin mit der angebrochenen Tüte Mehl? Hier machten sich unsere, eigentlich als Notfalltüten für die Bussfahrt gedachten, Gefrierbeutel sehr nützlich.
Mittwoch, 30.07.2014: Der Wind ist noch heftiger als am Vorabend. 1 Tarp hat leider auch einen kleinen Sturmschaden erlitten. Da wir ja schon erfahren durfte wie es ist, gegen den Wind zu paddeln, beschlossen wir, ab jetzt wieder Richtung Süden zu fahren.Ohne Zeitung, Radio, Internet etc. wußten wir ja nicht, wie sich das Wetter entwickeln wird.
Schon das Ablegen gestaltete sich schwierig. Die Wellen waren heftig, wir mußten ganz schön kämpfen.Erik fand das Alles ja lustig, auch wenn er vorn im Kanu ganz schön naß wurde. Jette hat heftig geschipft, aber dies half nicht wirklich beim vorwärts kommen. Ein kleiner Moment Unaufmerksamkeit oder eine kurze Verschnaufpause hatte sofort zur Folge, das unser Kanu ein Spielball der Wellen wurde. Mehrmals bekamen wir eine volle Breitseite ab. Wasser landete im Kanu. Wie war das doch gleich? Die Wellen möglichst im 90° Winkel nehmen? Wenn das nur so einfach wäre!!! Wir sind mit großer Mühe nur ein kleines Stück südwärts gekommen und haben schon mittags eine längere Rast gemacht. Das Wasser mußte aus den Kanus. Als energiespendende Mahlzeit gab es die "Terence Hill Pfanne" lt. Outdoor- Kochbuch. Hm!!! Nach Mittagsschläfchen und Sonnenbad ging es recht anstrengend weiter. Wir fuhren um eine Landzunge herum und plötzlich war es windstill. Hier müssen wir bleiben! Einen geeigneten Platz fanden wir und der Sonnenuntergang entschädigte uns für die Strapatzen des Tages.
Donnerstag, 31.07.2014: Noch immer heftiger Wind! Aber die Sonne schien auch schon. Wir wollten heute möglichst weit südwärts kommen. Micha und Jette kamen gemeinsam besser voran, unser Kind "legte sich gut ins Zeug"! Auch Erik genoß den Wellenritt. Wir steuerten die Insel Skomsnäs an und hofften auf einen befestigten Rastplatz. Aber wie schon auf Bärön waren alle Plätze dicht bevölkert. Na ja, ist ja auch Hauptferienzeit. Wir legten also nur mal kurz an, um unseren ersten Müll zu entsorgen. Und wie schön windstill war es doch zwischen den Inseln! Wir suchten uns ein Plätzchen in der nächsten Bucht. Die Kanus waren wieder gut mit Wasser gefüllt, die Packsäcke hielten aber dicht. Wir hatten keine Schäden oder Verluste zu verzeichnen. Abends waren unsere Kinder kaum satt zu bekommen. Was etwas Anstrengung und frische Luft doch so bewirken! Und man ist auch gar nicht so wählerisch!
Freitag, 01.08.2014: Früh wollte keiner so richtig aus dem Zelt. Es war noch immer windig, aber die Sonne blieb uns ebenso treu! Unser Plan war es, möglichst nah an das Camp heran zu kommen. Wir wollten "unseren" ersten (sowie zweiten) Rastplatz wieder finden- und zum Glück war er frei! Wir waren schneller als gedacht an unserem Ziel. Es blieb viel Zeit für baden, sonnen, faulenzen. Nachmittags paddelten Micha und ich mit Erik als Passagier zum Camp, um eine Vorstellung vom ungefähren Zeitbedarf zu haben. Dort haben wir auch Bier, Cola, Limo und Schokolade für unseren letzten "Schwedenabend" erworben. Nicht das wir etwas gebraucht hätten, unsere Verpflegungstonnen waren noch nicht leer. Aber als kleines Extra auch mal schön.
Samstag, 02.08.2014: Die Sonne lacht und macht uns den Abschied so richtig schwer. Auch der Wind ist abgeflaut. Nach dem Frühstück haben Vater und Sohn das Kochgeschirr schon mal absolut blank geputzt ( siehe Expertentipp 4 im Handbuch). Wir haben Packsäcke und Verpflegungstonnen sortiert und vor dem Abbau die Zelte gereinigt. Dann, nach einem geruhsamen Vormittag, ein letztes Mal packen und Kanus beladen. Alle fassen mit an, wie übrigens die ganzen anderen Tage auch. Wir genießen unsere letzte Paddelstrecke!
Am Steg das gleiche Chaos wie vor 1 Woche. Die Einen kommen an, die Anderen wollen weg. Wir sind gewillt, uns nicht stressen zu lassen. Irgendwann haben wir alles an Land und die Kanus abgegeben. Auch mit dem Rest der Ausrüstung klappt es relativ reibungslos.
Bis zur Abfahrt haben wir noch viel Zeit, um die Woche Revue passieren zu lassen.
Der schwedische Sommer ist heißer als gedacht, die Nächte milder und das Wasser wärmer! Es gab kaum Mücken, riesige Ameisen und tatsächlich am Schluß ( auf der Busfahrt in der Abenddämmerung) noch 2 Elche. Es war ein rundum gelungener Urlaub! Körperlich mitunter anstrengend, aber Erholung pur für die Seele. Wir haben Dinge an unseren Kindern entdeckt, die uns sonst vielleicht noch ein Weilchen verborgen geblieben wären! Es gab leider nie ein offenes Feuer, dafür unendlich lange und gute Gespräche sowie traumhafte Sonnenuntergänge. Die Angelkarte haben wir umsonst gekauft- wer hätte die Fische denn töten sollen? Das Handy wurde übrigens zu keinem Zeitpunkt vermißt.
Tack scandtrack- Ihr seht uns wieder! Hej da´

Geschrieben im Oktober 2014, Bettina S.

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