Reisebericht

Ich bin nicht besonders geduldig, zu schnell gestresst und im Bus kann ich eigentlich nie schlafen.
Außerdem mag ich es mich auf Urlaube lange im Voraus zu freuen und schon Wochen vor der Reise mit dem Packen zu beginnen.
Doch durch Corona ging das alles nicht und nachdem wir geimpft waren, haben wir (mein Freund und ich) dann doch spontan nach einer Urlaubsidee und Leuten gesucht, die relativ spontan und außerhalb der Schulferien wegfahren können.
Das Reiseziel war schnell gefunden, Skandinavien sollte es sein. Und ich war schon einmal dort mit Scandtrack unterwegs und wollte das gerne nochmal mit anderen und mehr Leuten machen.
Meinem Freund ist schnell sein bester Freund eingefallen, den er noch aus dem Kindergarten kennt. Er wurde also gefragt und er war sofort dabei. Ein sehr unkomplizierter Typ, der auch unbedingt noch raus in die Natur wollte, bevor auch bei ihm das Semester weiter geht (Chemiestudent). Mir ist dann gleich mein knapp 3 Jahre jüngerer Bruder eingefallen, der seit kurzem Wirtschaftsinformatik studiert. Nein, eigentlich ist er mir nicht sofort eingefallen, eigentlich ist er mir erst eingefallen, als meine Mutter meinte, dass das doch eine gute Idee wäre ihn zu fragen. Wahrscheinlich wäre ich auch selber eher darauf gekommen, wenn ich es mir hätte vorstellen können, dass mein Bruder wirklich in die Natur fahren will, nur mit mir, meinem Freund und einer für ihn, bis dahin fremden Person. Mein Bruder! Zum Campen! Das konnte ich mir wirklich nicht vorstellen! Das wäre komplett aus seiner Komfortzone raus, ohne seine gewohnten Routinen und sein Umfeld. Ein Abenteuer wäre es auf jeden Fall und eine Herausforderung. Nach einigem überlegen wurde er also gefragt. Und nach einigem Überlegen seinerseits und abklären von bestimmten Regeln sagte er tatsächlich ja! Unter der Bedingung, dass nur ich mit ihm in einem Kanu sitzen und in einem Zelt schlafen würde und niemand anderes außer uns vieren mitfahren würde. So war die Gruppe bestehend aus uns vier 20-23 jährigen Studierenden gefunden.
Mir fielen die Vorbereitungen für die Reise leicht, die Packliste war schnell gefunden in den Unterlagen, die wir schon 14 Tage vor Reisebeginn bekamen. Mein Freund und Bruder hatten da etwas mehr sorgen vor dem Leben in der Wildnis und was dafür alles eingepackt werden sollte.
Am Tag vor der Abreise sind mein Freund und ich nach Berlin gefahren, damit wir alle gemeinsam in den Bus steigen konnten, der uns ins Outdorrcamp Höglund gebracht hat.
Ich hatte schon einige Sorgen, ob wir uns zu viert gut verstehen würden und wie mein Bruder mit der Situation zurechtkommen würde. Ich wollte die Auszeit auch für mich genießen und Abstand zum Alltag bekommen. Kurz vorher hatte ich meine Bachelorarbeit abgegeben und wartete nun darauf, ob der Wechsel zur neuen Uni in der neuen Stadt auch gelingen würde. Wo geht das besser als draußen in der Natur, wo sich die Prioritäten neu ordnen.
Meine Angst selber im Bus nicht schlafen zu können und dann völlig fertig am Samstag im Camp anzukommen hat sich zum Glück und meiner Überraschung nicht bewahrheitet. Aus welchen Gründen auch immer konnte ich zwei Mal zwei ganze Stunden schlafen und dann sogar noch zwei Mal eine. Anscheinend reicht das aus, denn ich habe mich tatsächlich dem Tag gewachsen gefühlt.
Dennoch zog sich die Materialausgabe in die Länge, aber ohne Stress und Müdigkeit war es gut zu ertragen. Auch die Sonne zeigte sich und verbreitete gute Stimmung. Meine gewöhnliche Ungeduld ließ sich nicht blicken und so konnte ich stressfrei alle Materialien überprüfen und sogar eine Stunde anstehen, um ein Kanu zu bekommen, ohne mir die Laune vermiesen zu lassen.
14:30Uhr konnten wir am Samstag dann also losstarten in den ersehnten Urlaub in der Natur. Na gut ersehnt war er nur von dreien von uns, mein Bruder wollte einfach nur überleben.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und unserer schwindenden Kräfte suchten wir uns schnell einen Platz, an dem wir das erste Mal unsere Zelte aufstellen könnten.
Von da an gab es für mich keine Wochentage mehr und die Zeit hatte auch eine komplett andere Bedeutung. Es gab nur noch Tag und Nacht sowie windig oder nicht so windig. Deswegen stimmt aber hier die zeitliche Reihenfolge nicht mehr, es sind Erinnerungen an Momente der Woche, die sich am besten anhand der Bilder erzählen lassen.
Der Moment…
… am ersten Tag im Zelt aufzuwachen und sich erholt und bereit für den Tag zu fühlen. Danach aufzustehen und sich eine Tasse Kaffee zu machen und dabei aufs Wasser zu gucken und festzustellen, dass es in der Nacht nicht geregnet hatte, sondern es die Kombination aus Wind und Wellen war, die uns das hatte glauben lassen.
Der Moment…
… mit einem vollbepackten Kanu über den See zu schippern und den Tag einfach auf sich zukommen zu lassen. Mal an einem Stein anhalten, der aus dem Wasser ragt oder sich einfach durch eine enge Bucht treiben lassen und abends zum Sonnenuntergang nochmal ins Wasser springen.
Der Moment…
… als wir nach einer Feuerstelle an einem DANO gesucht haben, um unser gekauftes Feuerholz zu verheißen und leckeres Stockbrot zu machen und dabei zwei super nette Leute kennen gelernt haben. Die uns dann auch noch gezeigt haben, wie lecker eine Pizza auf dem Grillrost über dem Feuer werden kann und wir unsere Pläne für die nächsten Tage austauschten. Da wir die Namen der beiden nicht kannten hießen sie ab da für uns nur „die Biologen“.
… als mir das erste Mal ein Stockbrot gelungen ist ohne einen verbrannten Teil! Und dann Nutella aus der Essensbox zu holen und es auf das frische Brot zu schmieren.
Aber auch der Moment…
… als wir das zweite Mal auf unserer Reise nach einem DANO gesucht haben und statt alleine zu sein, wie wir gehofft hatten, stattdessen vier Belgier kennenlernen durften und noch weitere 12 Reisende, die später am Tag noch dazugestoßen waren. Die anfängliche Enttäuschung darüber nicht alleine zu sein legte sich schnell, denn alle 16 weiteren DANO BesucherInnen waren sehr freundlich und aufgeschlossen. Gespräche entwickelten sich leicht, denn die Gemeinsamkeit des Kanufahrens in Schweden bot sehr viel Stoff für Erzählungen des bisher erlebten. Am Abend saßen wir alle gemeinsam am Lagerfeuer, der Guide der geführten 12er Gruppe hatte am Tag einen Fisch gefangen (ich glaube es war ein Hecht) und diesen ausgenommen und über dem Feuer gebraten. Wir durften alle kosten und das war so ein Erlebnis diesen frisch gefangenen Fisch zu essen, der so anders schmeckte, als alles was ich bisher gegessen habe. Außerdem reichten die Belgier ihre Marshmallow-Tüte herum und wir gaben unseren Stockbrotteig zur allgemeinen Verfügung. Später wurde noch eine Gitarre ausgepackt und gesungen, es war ein lustiger, spannender und unvergesslicher Abend.
Der Moment…
… als mein Freund mit Schaufel und Klopapier in der Hand aus dem Wald gerannt kam und meinte ihm habe ein Elch beim Kacken zugeguckt. Wir sind dann natürlich alle gleich gucken gegangen aber haben nur noch ein Rascheln gehört und waren alle sehr skeptisch, ob mein Freund auch wirklich einen Elch gesehen hatte. Doch als wir nach dem Abendbrot durch das Mücken wegschlagen beim Abwaschen abgelenkt waren platschte es auf einmal neben uns und als wir uns umsahen erblickten wir den Elch, wie er ein paar Meter von uns entfernt durch das Wasser stolzierte, um zum anderen Teil der Insel zu gelangen. Der Sonnenuntergang, der darauffolgte wurde von der Hoffnung begleitet den Elch vielleicht noch einmal zu sehen.
Und der Moment…
… als wir uns einen Wecker stellten, um auch einmal den Sonnenaufgang zu sehen. Wir fragten uns, ob er wohl anders aussah als der Untergang. Tatsächlich ein wenig fanden wir. Aber aufgrund der Kälte und Müdigkeit und erstaunlicher Weise auch der Mücken verschwanden wir kurz darauf nochmal für ein wenig Schlaf im Zelt.
Der Moment…
… als wir zur Mittagspause anlegten und irgendwie alle noch nicht ausgelastet waren und Lust hatten ein paar schöne Erinnerungsbilder zu machen und ich mit meinem Handstand noch ein wenig Eindruck schinden konnte
Der Moment…
… als wir auf dem Weg zum Autofriedhof den Grenzstein zu Norwegen gesehen haben und uns dachten „den gucken wir uns doch mal genauer an“.
Auch der Moment…
… als wir am Autofriedhof waren und gerade so die zerfallen Blechteile bestaunten und da den Biologen wieder begegneten und dann zusammen Mittag gegessen haben. Wir hatten von dem Plan der Beiden gewusst auch dorthin zu kommen und trotzdem waren wir überrascht genau am gleichen Tag zur selben Zeit wieder aufeinander zu treffen.
Und schließlich der Moment…
… an dem alles vorbei war und wir im Bus zurück nach Berlin saßen. Wir aber nochmal einen wunderschönen Sonnenuntergang hatten und der Busfahrer langsamer fuhr, damit alle die Elche am Straßenrand bestaunen konnten.

und hier noch einmal als PDF zum Lesen:
https://www.scandtrack.com/download/reisebericht/Reisebericht_Schweden_2021.pdf

Geschrieben im September 2021, Isabelle H.

Bildergalerie zur Reise