per Anhalter durch die Seenlandschaft von Schweden

Auch kleine Wesen sind freiheitsliebend und im schnelllebigen Alltag kaum sichtbar für den gestressten Menschen. Ich möchte mich kurz vorstellen, ich heiße Eisbär, bin ca. 10 cm groß und reiselustig. Vorwiegend reise ich mit meinem Freund Wurm auf eigene Faust nach Übersee (Asien, Australien und Südamerika). Doch dieses Jahr hatten wir uns etwas Besonderes überlegt. Per Zufall fanden wir Scandtrack, ein Reiseunternehmen, das unser Motto im Titel hatte „Nordmarken auf eigene Faust“. Bei der Reiseplanung war uns schnell klar, dass wir das komplette Paket buchen wollten mit Anreise inklusive. Da unsere Buchungsanfragen als Wurm und Eisbär meist ignoriert werden, entschlossen wir uns als blinde Passagiere zu fahren und so ging es Inkognito von Hamburg in einem Bus über den See- und Landweg in das Basiscamp Höglund. Der Reisebus wurde freundlich begrüßt und mit Hotdogs stärkten sich die zahlreichen Mitreisenden. Sie bekamen in unterschiedlichen Zelten ihre Ausrüstung. Es war ein buntes Treiben, denn jeder schaute, ob alles vorhanden war. Es wurden Rucksäcke in wasserdichte Säcke verpackt, einige tauschten noch Kronen, andere gönnten sich erstmal ein Bierchen.
Allmählich wurde es ernst, denn wir wussten, dass wir ein Kanu nicht alleine fahren konnten. Der Steg mit ankommenden und abfahrenden Gästen kam uns gelegen. Dort sprangen wir, in einem unübersichtlichen Moment zu einer Gruppe von 6 Personen, in die Boote. Sie hatten eine gute Outdoor-Ausrüstung und leckere Nahrung geladen. Unsere Gruppe paddelte Richtung Norden, dem Foxen entgegen.
Vor uns entfaltete sich eine Landschaft aus kleinen grünen Inseln, die alle mit Felsen ganz unterschiedlich besprenkelt waren. Die Sonne glitzerte am Himmel und an diesem Ort hatte man das Gefühl, dass mehr Sonnenstrahlen auf die Erde trafen, denn das Wasser funkelte wie tausend Diamanten. Die Ruhe wurde von Zeit zu Zeit durch kleine Motorboote oder Jetskis unterbrochen. Vorherrschend waren jedoch die Töne des gurgelnden Wassers, die entstanden, wenn das Kanu die seichten Wellen durchpflügte. Mit einem leichten Wind im Rücken paddelte unsere Truppe in Richtung des ersten Lagerplatzes in einem Seitenarm des Foxen. Wir hielten bei einer kleinen verwunschenen Insel.
Während Wurm und ich die Insel erkundeten, entlud die Gruppe die Kanus, planten die warme Mahlzeit und schlugen ihre Zelte sowie ein Tarp auf. Mit unseren kleinen Macheten schlugen wir uns durch die Blaubeertragenden Büsche, begrüßten einige Mosquitoes und Riesenameisen und beobachteten die Haubentaucher auf dem Wasser, die sich zum Abend hin mit ihren immer lauter werdenden Rufen Gute Nacht sagten. Die Dunkelheit ließ lange auf sich warten, erst um 22:30 Uhr begann gefühlt die Dämmerung, sodass wir ins Camp zurückkehrten. Wir trafen auf unsere kleine Gemeinschaft, die über ihren Kochern Leckereien aus dem Vorrat kochten. Sie hielten sich dabei streng an ein mitgegebenes Kochbuch, was leckere Rezepte beinhaltete. Die Stimmung war gut, alle waren neugierig auf die erste Nacht im Zelt, und wie es schien hatte keiner von ihnen Erfahrung im Kanufahren, was man auf dem Wasser jedoch nicht bemerkte.
Frische Luft macht hungrig, dementsprechend ausgiebig wurde gefrühstückt. Alle Zelte wurden anschließend zusammengepackt und weiter ging es in den Kanus. Der Wind frischte in den nächsten Tagen deutlich auf, unsere Truppe hatte Schwierigkeiten gegen den Wind und die hohen Wellen anzukämpfen. Dann begann es in der Ferne zu Donnern, woraufhin ein sicherer Schlafplatz gesucht wurde. Das einzige was aufgrund der Wetterlage erreichbar schien, war eine kleine sandige Bucht, wo die Zelte schnell aufgebaut wurden. Die dunklen Wolken am Himmel verzogen sich von Minute zu Minute, es wurde ein kleines Lagerfeuer in einer bereits vorhandenen Feuerstelle entfacht und die Abendruhe genossen. Als es dunkel wurde näherten sich zwei Schweden dem Lager, die eigentlich nur passieren wollten. Die Truppe lud sie auf einen Umtrunk ein und dann bot sich die Gelegenheit die einheimische Bevölkerung ein bisschen näher kennenzulernen. Von Stunde zu Stunde wurden sie redseliger, erzählten von den Regeln des Landes, brachten Musik von ihrem Schiff, die Pupillen wurden immer kleiner, der Pegel stieg und zum Schluss wurde am Lagerfeuer getanzt und schwedische Kinderlieder gesungen. Sie scheinen ein gastfreundliches Völkchen zu sein.
Obwohl nun schon einige Tage vergangen waren, entzückte die Flora und Fauna weiterhin. Wir bemerkten, dass zu Beginn der Fahrt das Wasser streng abgekocht wurde, doch allmählich traute man sich auch aus dem See zu trinken, Blaubeeren zu pflücken und sich im Backen über dem Lagerfeuer zu trainieren. Während Wurm und ich keine Schwierigkeiten mit den Toilettengängen vor Ort hatten, bemerkten wir, dass sich bei einigen die Scheu vor den Biotoiletten erst nach einigen Tagen löste. Für die Menschen mit Verdauungsschwierigkeiten empfehlen wir daher Abführmittel mitzunehmen. Ebenso bemerkten wir den rapiden Schwund des Toilettenpapiers, inwieweit die einheimischen Kobolde dafür verantwortlich waren oder die Ladys innerhalb der Gruppe blieb bis zuletzt unklar.
Die Lagerplätze wurden teilweise mit anderen Reisenden geteilt. Meist saß man am Lagerfeuer beisammen, wärmte und erzählte sich Geschichten, nachdem man den Schmutz des Tages im See weggeduscht hatte. Die Sonne schien die ganze Woche, lediglich abends regnete es teilweise leicht.
Durch eine andere Gruppe wurde unsere Truppe darauf aufmerksam gemacht, dass es einen alten Autofriedhof in der Nähe gibt. Der Anblick zahlreicher vor sich hin rottender Autos war beeindruckend. Das Moos und die Bäume eroberten die von Menschenhand gebauten, und wie man uns erzählte, vor dem 2. Weltkrieg versteckten Autos zurück.
Die 7 Tage vergingen wie im Flug, wir dachten nicht einmal an unser heimisches Business. Es war ein gelungener Urlaub mit bezaubernder Natur, die man schützen muss, damit die Nachwelt noch etwas von diesem Paradies hat. Jetzt freuen wir uns auf eine warme Dusche mit richtigem Shampoo und den olfaktorischen Luxus eines Wasserklosetts…

Geschrieben im Juli 2016, Tobias K.

Bildergalerie zur Reise