Berichte letzte
Saison

In 30 Jahren haben unzählige unserer Gäste Ihre Kanureise in spannenden Reiseberichten festgehalten. Schau, was sie in Schweden für spannende Abenteuer mit scandtrack erlebt haben und lass dich inspirieren! 

Berichte letzte
Saison

In 30 Jahren haben unzählige unserer Gäste Ihre Kanureise in spannenden Reiseberichten festgehalten. Schau, was sie in Schweden für spannende Abenteuer mit scandtrack erlebt haben und lass dich inspirieren! 

Autor: Harald S., 10. Oktober 2013
Stille und Steine

Ich habe eine Reise nach Schweden gewonnen!

 Meine Tochter ist sofort Feuer und Flamme. Welches Hotel? Wie viele Sterne? Die Begeisterung hält sich dann doch bei ihr stark in Grenzen. Einsame Insel im Stora Bör, Zelt, Kanu, Feuerstelle und Wasser zum Kochen und Waschen direkt aus dem See. 

 Ich freue mich unglaublich, mein Kumpel möchte sich ebenfalls auf dieses Abenteuer einlassen und wir treten die Reise Ende August erwartungsvoll an.

 In Grysby werden wir mit allen Utensilien ausgestattet, bekommen eine Insel zugeteilt und schon stehen wir mit allem am Ufer des Sees, mit einem auf den Millimeter genau zugepackten Kanu. Das Wetter ist traumhaft, die Insel 3 Kilometer entfernt. Das Kanu gleitet ruhig durch das glasklare Wasser. Wir hören das rhythmische Eintauchen der Ruder und sonst nichts. Hast du so was schon mal gehört? Dieses Nichtshören? Und dann sind wir unmittelbar vor der Insel. Mit sehr vielen Kiefern bewachsen, einem Steinplateau zum perfekten Anlegen des Kanus und einem Shelter. Wir richten uns im Shelter „häuslich“ ein, finden zwei Campingstühle und ein Fernglas und lassen uns entspannt vor dem Haus nieder. Es ist schon eine besondere Stimmung, wir versuchen Geräusche aus zu machen. Den Wind, den Wellenschlag, vielleicht einen Vogel... aber kein Geräusch. Erst als ein Fisch mal aus dem Wasser  an die Oberfläche springt, wird die Stille durch das dezente Platschen durchbrochen. 

 Bevor wir uns am Lagerfeuer unsere Mahlzeit zubereiten wollen, machen wir noch einen Rundgang um die Insel. Wir stapfen über viele Baumwurzeln, gucken in Felsspalten, klettern auf die höchste Erhebung und bleiben ehrfürchtig vor  aufgeschichtete Steinen mit einem zusammengebundenem Kreuz stehen. Nun ja, der Hunger macht sich bemerkbar. An der Feuerstelle brutzeln wir aus Zwiebeln, Speck, Wurst, Kydneybohnen und Kartoffeln ein köstliches Gericht, trinken Tee und haben noch bevor es richtig dunkel wird, die richtige Bettschwere.

 Die Sonne weckt uns, wir haben gut und auch lange geschlafen. Beim Frühstück besprechen wir, dass wir mit dem Kanu die Nachbarinseln anfahren können, mal gucken, wie es da wohl aussieht. Wir lassen uns ein wenig durch den Tag treiben, es ist noch ungewohnt, so viel Zeit zu haben. Aber sie vergeht, ohne Langeweile! Abends sitzen wir vor dem Shelter, sprechen miteinander und halten plötzlich inne. Was ist da auf der Nachbarinsel los? Da hat doch jemand eine orangefarbene Laterne angeknipst. Fast störend erscheint uns dieses grelle Licht. Während wir über dieses Licht noch rätseln, steigt ein riesiger voller Mond hinter dieser Insel auf. Aus dem Orange wird eine gleißend  silberne Scheibe, die sich im See spiegelt und uns einfach nur staunen lässt.

 Während wir mit dem Kanu wieder auf eine kleine Insel mit Sandstrand rudern, suche ich mir  Steine zusammen und stapel sie zu einem Turm. Das gefällt mir und ich beschließe, diese Steine auf unsere Insel mit zu nehmen. In einer Seelenruhe beginne ich auf dem Steinplateau vor unserem Shelter die Steine zu stapeln, baue auf und ab, drehe und wende sie, suche die richtige Position eines jeden Steines, damit sie dann sich gegenseitig halten. Zufrieden lehne ich mich zurück und beantworte die Frage meines Kumpels: „ Warum tut man so was?“ „Ich tue es, weil ich dabei Freude habe.“

 Noch vor Sonnenaufgang stehe ich auf, um ein Foto von den 9 gestapelten Steinen (9 Steine für 9 Tage Urlaub) im richtigen Moment der Morgenstimmung zu knipsen.

 Langsam schiebt sich die rote Sonne hinterm Wald vom Festland den Himmel empor, um den Nachthimmel in den schönsten Rot- und Orangetönen zu verdrängen. Das Bild ist im Kasten. Ein neuer Tag beginnt.

 Der Turm wirft einen perfekten Schatten. Den kann man für eine Sonnenuhr gut nutzen. Wir sägen Holzscheiben aus einem Birkenstamm, brennen mit einem glühenden Eisen in diese römische Zahlen hinein und ordnen sie stundengenau um den Turm. Nun hat der Spaß auch noch einen Nutzen!

 Mittlerweile kennen wir unsere Insel, auch einige Nachbarinseln. Wir wollen ans Festland. Wir rudern los, ziehen das Kanu zwischen die Bäume und wollen Querfeldein den Hügel erklimmen, um einen Rundumblick über den See und das Land zu haben. Nach einem etwas beschwerlichen Aufstieg durch Gestrüpp und umgestürzte Bäume, erstreckt sich vor uns der See mit seinen Inseln in voller Länge und Breite, neben uns dichter Wald, hinter uns dichter Wald. Und vor unseren Füßen immer wieder Elchköttel. Treffen tun wir niemanden, weder Elch noch Mensch. Wir erschafffen uns kurzerhand unsere eigenen Waldmenschen.

 Die Zeit vergeht, die Ruhe hat Besitz von uns ergriffen, alles läuft in einem anderen Tempo. Das Angeln ist leider nicht ganz erfolgreich. Die täglich gewünschte Fischmahlzeit bleibt aus. Die Zeit auf dem Wasser mit der Angel in der Hand hat aber auch seine Stimmung und Romantik. Vielleicht ist das Essen aus der Lebensmitteltonne nicht unbedingt ein fairer Vergleich mit einem frisch gegrillten Fisch, aber man wird auch damit richtig kreativ. An dem einzigen Regentag, den wir in der gesamten Zeit haben, kochen wir einfach öfter und trösten unsere Gaumen mit Linseneintopf, verfeinert mit Schmelzkäse, Stockbrot, Kartoffeln mal so und mal so...

 Der Tag der Rückreise kommt nun doch, unsere mitgenommenen Bücher werden ungelesen wieder eingepackt. Keine Zeit zum Lesen gehabt oder was war´s? Der Shelter wird gefegt, das Kanu gepackt und wir stoßen ab. Das Kanu gleitet ruhig durch das glasklare Wasser, wir hören das Eintauchen der Ruder ins Wasser...

 Was für eine wundervolle Zeit. Ein Traum, ein Erlebnis mit der Ruhe, mit der Landschaft, mit dem Leben, mit sich selbst. Danke.

Autor: Harald S., 10. Oktober 2013