Unser kleines-großes Schwedenabenteuer

Aufgeregt steigen wir freitags nachmittags am Frankfurter Hauptbahnhof in den großen Reisebus ein. So viele Erste-Male erwarten Toni und mich: das erste Mal Kanu Fahren, das erste Mal alleine Zelten, das erste Mal Urlaub im Norden. Wie gut wir das alles wohl meistern werden?
Uns steht eine lange Fahrt bevor und doch ist die Stimmung ausgelassen, denn die Vorfreude aller im Bus ist riesig. Aus allen Ecken Süddeutschlands sind wir zusammengetroffen und tauschen uns nun begeistert über unsere Pläne für die kommende Woche aus. Wir haben Glück, denn nachdem in Lübeck eine weitere Gruppe Abenteurer zusteigt, erwischen wir sogar eine frühere Fähre für die Überfahrt als ursprünglich geplant war. So ist es noch Vormittag, als wir am nächsten Tag im verträumten Örtchen Lennartsfort im Südwesten Schwedens eintreffen.

Nach einer herzlichen Begrüßung steht eine kleine Stärkung bei unserer Ankunft für uns bereit. Wir füllen unsere Trinkflaschen mit Eistee auf und schultern anschließend die Rucksäcke, um den kurzen Wanderpfad durch den Wald zum Camp zu begehen. Hier bekommen wir unsere Ausrüstung überreicht und wir packen unsere mitgebrachten Sachen in die großen wasserdichten Beutel um. Schon geht es daran alles in Richtung Wasser zu befördern. Die blaue Lebensmitteltonne ist jetzt noch voll bepackt und schwer zu tragen, aber sie wird schon noch im Laufe der Woche leichter werden. Eine kurze Einweisung ins Kanufahren folgt, dann packen wir alles in den „Canadier“ und endlich kann es losgehen.
Schnell jedoch kommt die Ernüchterung. Denn so einfach wie gedacht klappt es dann auf Anhieb doch nicht. Ich sitze hinten und wir bewegen uns nur im Zick-Zack-Schneckentempo auf dem großen See vorwärts. Noch dazu kommt, dass sich die Anstrengung der letzten 24 Stunden so langsam bei uns bemerkbar macht. Wie sollen wir denn so eine ganze Woche überstehen? Frustriert halten wir an der nächst möglichen Gelegenheit an und versuchen es mit einem Plätzetausch.
Tja und das ist dann auch die einfache Lösung für unser Problem: Toni sitzt nun im Kanu hinten und ihm fällt das Steuern viel leichter als mir. Erleichtert paddeln wir so (deutlich zügiger) noch eine Weile weiter, bis wir eine der Dano-Hütten entdecken. Hier lassen wir uns die erste warme Mahlzeit schmecken, der Zeltaufbau geht schneller als erwartet und müde kuscheln wir uns schließlich in unsere Schlafsäcke ein.

Der nächste Morgen bricht an und wir werden von zwitschernden Vögeln geweckt. Gestern Abend hatten wir zwar hier an der Ostküste der Insel keinen beindruckenden Sonnenuntergang, umso schöner fallen jedoch heute die ersten Sonnenstrahlen in unser Zelt. Dampfend heißer Kaffee, süßes Schokomüsli und mit Käse belegte Stullen – unser Frühstück fällt heute üppig aus, denn wir wollen gleich gestärkt durchstarten. Die nächsten beiden Tage werden wir im Seitenarm Stora Le verbringen und dort die wohl schönsten Plätze unserer Reise entdecken. Auf der kleinen Insel Bockön finden wir eine Feuerstelle, die wunderschön auf einer Landzunge in den See ragt und wir genießen hier den Sonnenuntergang ganz für uns alleine.
Hier gefällt es uns so gut, dass wir beschließen am nächsten Tag nur eine kurze Strecke zu einem nahe gelegenen Dano zu fahren. Die Zeit nutzen wir heute besonders für eines: um die Seele ordentlich baumeln zu lassen.

Ausgeruht und motiviert starten wir früh am Dienstagmorgen und so ist unser Kanu das Einzige, welches durch das glatte Wasser des Sees gleitet. Eine magische Stille liegt um uns, das alleinige Geräusch kommt von den Tropfen, welche leise von unseren Paddeln plätschert. Ich sauge die Natur förmlich in mir auf. Heute ist der See ganz ruhig und ohne Wellen, als wir uns wieder zurück Richtung Süden begeben. Wir haben so viel Spaß am Rudern, dass wir weiter und weiter machen und erst anhalten, als wir am späten Nachmittag ein leeres Dano entdecken.
Nachdem das Zelt mittlerweile flott und routiniert aufgebaut ist, springen wir in den eiskalten See (das Gefühl danach – unbeschreiblich!). Nach dem langen Tag schmeckt uns die Pasta die wir heute kochen besonders gut und erschöpft bleiben wir nicht mehr lange wach.

Auf geht es am nächsten Tag, weiter Richtung Süden und damit zu unserem heutigen Ziel: Norwegen. Es ist etwas windiger als an den letzten Tagen und das Paddeln fällt uns dadurch schwerer. Trotzdem bin ich euphorisch als ich die norwegische Flagge am Festland gehisst sehe. Viele haben die gleiche Idee wie wir und so teilen wir uns heute zum ersten Mal den Platz auf der Grenz-Insel mit einigen netten Gruppen. Den Abend lassen wir kartenspielend und keksemampfend im Windschutz des Danos ausklingen.
Als wir am nächsten Morgen aus dem Zelt steigen stellen wir fest, dass das Wetter über Nacht erneut umgeschlagen hat. Die rauen Wellen kommen plötzlich von Norden und wir beschließen uns deshalb schon jetzt langsam Richtung Camp zu bewegen. Denn es ist Donnerstag und damit bleiben uns nur noch zwei Tage übrig, bevor es wieder zurück nach Hause geht. Heute ist das Rudern anstrengend. Wir kämpfen gegen die Wellen an, die gegen die Front unseres Kanus peitschen und sind erleichtert als wir sicher an Land anlegen. Auch dieser Platz ist beliebt, aber wir finden ein schönes Fleckchen an der Küste der Insel. Lachend tauschen wir uns mit der benachbarten Truppe über die letzten Tage aus und genießen den Abend in unserer Hängematte.

Der letzte Tag vor der Abreise bricht an und wir nehmen uns vor, auf einer der Inseln in der Nähe des Camps die letzte Nacht zu verbringen. Auch heute ist es wieder windig aber nicht so schlimm wie am Vortag uns so kommen wir recht schnell an unserem geplanten Ziel an. Hier schlagen wir wehmütig ein letztes Mal unser Zelt auf und ich springe noch einmal in das kühle Nass. Zum Abschluss macht uns Toni Pancakes (super lecker und ich bin noch immer erstaunt, wie gut das mit dem Spirituskocher funktioniert hat). Dieser Platz ist noch einmal ein richtiger Glücksgriff und so verbringen wir den letzten Abend damit, auf dem Felsvorsprung mit einer dampfenden Tasse Tee den schönsten Sonnenuntergang dieser Woche zu beobachten und alles noch einmal Revue passieren zu lassen:

Selten hat mich eine Reise emotional so sehr gepackt wie diese. Von der Erkenntnis, dass der Waldboden trotz Isomatte relativ hart und mein Schlafsack vielleicht zu dünn für so manche kühle Nacht ist. Über die Vorfreude auf den Gemüsereis, der nach einem langen Tag im Kocher vor sich hin köchelt. Bis zu den tollen kleinen Momenten, in denen eine Entenfamilie uns neben dem Kanu auf dem See begleitet. Und jeder wundervolle Abend, an denen sich die untergehende Sonne im Wasser spiegelt und sich der Himmel in den buntesten Farben zeigt.
Wir sind stolz auf uns, denn wir haben alles so toll zusammen gemeistert und diese Erfahrung hat uns noch viel enger zusammengeschweißt.

Am Samstagmorgen wachen wir auf und lassen uns Zeit, bevor wir uns schließlich auf den Weg zurück zum Camp machen. Dort angekommen geben wir die Ausrüstung zurück und ich freue mich, dass die Lebensmittel welche wir nicht angebrochen haben gespendet werden. Wir haben noch etwas Zeit, bis der Bus am Abend losfährt, also beschließen wir in das nahegelegene Städtchen zu laufen und im dortigen Restaurant einzukehren. Wir nehmen uns noch Kanelbullar (Zimtschnecken) mit und während wir uns diese auf dem Rückweg schmecken lassen, können wir sogar einen Elch im hohen Gras entdecken.

Müde und dankbar für dieses tolle Abenteuer fallen wir am nächsten Abend in unser Bett. Wir sind und sicher – es war nicht das letzte Mal!

Geschrieben im Oktober 2023, Kathrin F.

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