Experiment: Städter in der nordischen Wildnis

Als wir im Berlin am ZOB pünktlich in den Ost-Bus einstiegen, war schon eine bunte Mischung (potentieller) Outdoorfans vertreten. Alle Altersklassen waren versammelt, manch einer war zum wiederholten Male dabei, andere wollten erste Erfahrungen im Kanu Norden sammeln. Zu letzteren gehörten mein Freund und ich. Beide Fähren haben wir vollständig betreten und verlassen, was ein oder zweimal eher Glück war. Bestens betreut und unterhalten von unseren Busfahrern Kalle und Thomas gingen die Stunden schnell ins Land und am Morgen erreichten wir das Basiscamp in Lennartsfors.
Nach kurzer Einführung ging es frisch beladen endlich auf den See. Noch war das Kanupacken Neuland und dauerte seine Zeit. Ausgestattet wurden wir mit viel Essen, Survivalgerätschaften wie Säge, Spaten, Spirituskocher, wasserfester Karte und vielem mehr. Nach dem ersten Platzregen nach zwei Minuten war auch die erste Härteprobe bestanden und bei aufbrechenden Wolken sind wir entlang kleiner Felseninseln unserer ersten Übernachtung entgegen gepaddelt. Angestrebt war DANO 38. Hier konnten wir 13 km vom Ausgangspunkt entfernt unser Zelt aufschlagen und den ersten Abend in völliger Ruhe genießen. DANOs gibt es ca. 100 in der Region und sie sind je nach Gegend wenige 100m bis einige Kilometer voneinander entfernt. Alle haben eine Feuerstelle, manche noch eine Ökotoilette oder eine Schutzhütte. Ansonsten sind sie herrlich natürlich gehalten und bieten immer eine Orientierung auf der Karte, wo ein Schlafplatz zu finden wäre. Wer auf die offizielle Feuerstelle verzichten kann, findet aber auch so viele malerische Plätzchen für sein Zelt.
So vergingen die sieben Tage viel zu schnell und mit mal kleineren und mal größeren Abenteuern. Doch immer gut gelaunt, meist mit Sonne und immer von großartiger Landschaft umgeben. Ab der dritten Nacht haben wir unser Lager an freien Stellen aufgeschlagen. Als Berliner das 180° Kontrastprogramm zu Häuserwänden und Menschenmassen, das wir gesucht hatten. Das Frühstück wurde durch wilde Blaubeeren ergänzt und zum Abendessen die Tonne geplündert und auf dem Kocher ein Festmahl gezaubert. So gab es Stockbrot, knusprigen Speck, Blaubeer-Schmarrn, Kartoffeln aus der Glut, Pilzpfanne mit Reis und vieles mehr.

Da wir uns eine Route über mehrere Seen ausgesucht hatten, musste das Boot auch drei mal ungetragen werden. wenn man einen Wagen mitführt bedeutet das: Räder unter das Kanu schnallen und schieben. Wenn man man sich wie wir die Leihgebühr sparen wollte: Fitnessprogramm während erst das Gepäck und dann das Boot zum nächsten Seeeinstieg getragen werden muss. Wir würden uns beim nächsten Mal für den Wagen entscheiden, sind aber auch stolz auf die gemeisterte Herausforderung. generell ist man als Stadtbewohner, der normalerweise 9h im Büro sitzt und dann meistens auf sein Sofa fällt sehr stolz auf sich, wenn man mehr Strecke zurücklegt als gedacht (93km in 6 Tagen). Die Seen haben über den Tag viele Gesichter und sind mal spiegelglatt und mal so aufgewühlt, dass man kämpfen muss, um nicht rückwärts zu fahren. Dafür fällt man angenehm müde auf seine Isomatte, wenn man nach einem Tag an der frischen Luft, viel Bewegung sein Lager aufgeschlagen hat.
In Laufe der Woche entstand ein Rhythmus aus Lager abbauen, paddeln, Lager aufbauen, kochen und Sonnenuntergang über dem See anschauen. Aber auf den täglichen Strecken wartet immer etwas neues, sei es zum Beispiel eine Schleuse.
manchmal weiß man vor lauter Wasser, Felseninseln und Kiefern nicht mehr genau, wo man sich auf der Karte befindet. Da hilft nur ständiges nachverfolgen oder wie in unserem Fall einfach die leuchtenden Grenzesteine zu Norwegen.

Da wir am Abreisetag noch etwas Zeit hatten, haben wir dem anliegenden Örtchen Lennartsfors noch einen Besuch abgestattet bevor um 21 Uhr die Busreise zurück begann. In der anbrechenden Dämmerung konnten wir so auch noch den Blick auf zwei Elche erhaschen.

Übrigens: Wer zuhause Sehnsucht verspürt, dem empfehlen wir das Abendessen a la Schweden bei dem nur bei der Reise verfügbare Zutaten erlaubt sind. Besonders authentisch sind Stockbrotmuffins mit Dank dem Creme brulee Brenner Raucharoma.


Fazit: Sehr empfehlenswert! Grüße Luisa und Thomas

Geschrieben im August 2017, Thomas R.

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