Nasser Auftackt - sonniges Ende

Acht Studierende, die nach einem stressigen Semester und Abschluss Examen eine Auszeit brauchen. Möglichst weit weg von der Uni, von Menschen, vom normalen Alltags-Hamsterrad, in dem wir das letzte halbe Jahr gefangen waren.
So kamen wir auf Schweden.

Unsere gemeinsame Reise begann in Lübeck. Wir sammelten uns hier, um unser gemeinsames Abenteuer zu starten. Die Rucksäcke wurden noch etwas umgepackt, um die 20kg Gepäck pro Person für die Busfahrt trotz meiner 12kg Kameraausrüstung einzuhalten, dann ging es noch gemeinsam was Essen und voller Euphorie ab auf den Bus!

Die Nacht war lang und von wenig Schlaf geprägt. Zweimal wurde mit der Fähre übergesetzt, die Fahrt und somit der Schlaf unterbrochen. Ein weiteres Mal wurde an einer Raststelle gehalten. Wenn einen die Unterbrechungen nicht vom Schlaf abgehalten haben, dann waren es entweder die Sitze oder die schwankende Temperatur, bei denen man sich wechselweise, wie in der Tiefkühltruhe oder in der Sauna fühlte.

Unsere Vorfreude konnte von dieser zermürbenden Nacht nicht gedämpft werden.
Allerdings sollte es nicht die letzte ungemütliche Nacht bleiben.

Bei der Ankunft am nächsten Morgen gab es im Lager erst einmal Kaffee und Kekse. Die Lebensgeister waren wieder geweckt und wir tätigten die ersten gemeinsamen Überlegungen, wo uns unsere Route lang führen sollte.

Schweden zeigte sich derweil von seiner kühlen, nassen Seite. Es nieselte…

Motiviert holten wir unser Material und beluden die Kanus. Allerdings schien uns der nordische Wettergott Thor auf die Probestellen zu wollen. Denn als wir in See stachen, wurde der Regen stärker und es dauerte keine fünf Minuten, bis unsere Hosen durchnässt waren und wir in Pfützen saßen.

Aber die Motivation war weiter hoch. Wir freuten uns einfach unglaublich endlich unterwegs zu sein, hier in Schweden auf dem Foxen mit den Kanus, ohne Verpflichtungen, ganz ungezwungen, es selbst in der Hand haben, wo es hingeht.
Und so hielten wir an unserem Tagesziel der norwegischen Grenze fest.

An unserem Lagerplatz angekommen machten wir uns völlig durchnässt und ausgekühlt daran im strömenden Regen die Kanus auszuladen, Tarps abzuspannen, die Zelte aufzubauen und Essen zu kochen. Das warme Essen schmeckte nach dem anstrengenden Tag wie ein Sternemenü. An ein wärmendes Lagerfeuer war bei dem Regen nicht zu denken.

Langsam bildeten sich erste große Pfützen in unserem Lager und wir begannen, aus Sorge, dass die Zelte unterspült werden könnten, Drainage Gräben zu ziehen.
Der verzweifelte Versuch, das von den Tarps fließende Wasser mit Eimern und Töpfen aufzufangen, brachte zwar etwas Linderung, aber es war klar, dass dies keine Dauerlösung war, denn die Eimer waren schneller gefüllt, als wir schauen konnten.

Es blieb uns nichts weiter als früh schlafen zu gehen, in der Hoffnung der Regen würde bald nachlassen.

Jedoch blieb diese Hoffnung unerfüllt. Im Gegenteil der Regen blieb unverändert stark, doch es kam noch drehender Sturm dazu, der aus allen Richtungen am Zelt rüttelte und uns wachhielt.

Nachts zeigte ein Blick ins Vorzelt, dass die Drainagen nicht mehr reichten und ein Bächlein drohte unser Zelt zu unterspülen. Nach einer kurzen Absprache beschlossen wir uns aus den warmen Schlafsäcken zu schälen, in die nassen Klamotten zu schlüpfen und noch einmal rauszugehen, um die Drainagen zu verbessern und unsere Zelte vor den sich bildenden Seen zu retten.
Draußen zeigte sich, dass ein Tarp sich losgerissen hatte, ein Zelt unterspült war und zwei weitere drohten ebenfalls unterspült zu werden.
Wir fixierten das lose Tarp, vertieften die Drainagen und brachten die Beiden aus dem unterspülten Zelt bei anderen unter.

Nach gut einer Stunde Arbeit einigten wir uns darauf um 02:00 Uhr noch einmal nachzusehen, ob unsere Maßnahmen Wirkung zeigten und wir in Ruhe schlafen konnten. Ab da sollte es laut Wetterkarte auch nicht mehr regnen.

Und tatsächlich. Es regnete zwar noch immer, allerdings zeigte der Blick aus dem Vorzelt, dass der See verschwunden war, die Tarps noch hielten und die Gefahr gebannt schien. Nun konnten wir endlich in Ruhe schlafen.


Am nächsten Morgen weckte uns der Sonnenschein. Es zeigte sich, dass sich über Nacht unterhalb unseres Lagers ein See auf der Insel gebildet hatte.

Wir nutzten den Sonnenschein und den immer noch vorhandenen Wind, um die durchnässte Kleidung und Schlafsäcke zu trocknen.

Aufgrund des Windes war es nicht möglich weiter zu paddeln. Die Wellen waren zu groß. Also machten wir das Beste aus dem Tag, genossen die warme Sonne, erkundeten die Insel oder versuchten unser Angelglück.


Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht ging es weiter Richtung Norden. Der See war ruhig, die Sonne schien und wir kamen gut voran. Schweden zeigte sich von seiner Schokoladenseite, oder wie es einer unserer Gruppe treffend formulierte „Schweden nimmt, Schweden gibt…“


Die nächsten Tage waren von gutem Wetter, strahlendem Sonnenschein, schönen Sonnenauf- und -untergängen und spiegelglattem Wasser geprägt.


Am vorletzten Morgen gingen wir es gemütlich an und machten uns Pancakes mit frisch gesammelten Blaubeeren und viel Nutella. Alle warteten gierig darauf, dass die endlich fertig sind.

Für die letzte Nacht fanden wir einen schönen Lagerplatz, von dem wir am nächsten Tag nicht mehr weit nach Lennartsfors hatten.

Hier genossen wir unseren letzten Sonnenuntergang, bevor wir ein letztes Mal die Kanus beluden, ein letztes Mal entscheiden musste mit wem man heute in einem Kanu sitzen wollte, ein letztes Mal in See stachen. Die letzten übermotivierten Duelle welches Kanu schneller ist, bevor wir ganz unerwartet und für unseren Geschmack viel zu früh wieder in Lennartsfors ankamen.


Gefühlt war es eine Ewigkeit her als wir das Kanu das erste Mal beladen hatten und im Regen losfuhren. So viel war seither geschehen. So viele Eindrücke, schöne Momente, romantische Sonnenuntergänge, kalte Nächte, leckeres Essen und vieles mehr.

Eine Woche in der Natur hatte es schon geschafft uns zu erden, Abstand zu bekommen von der Uni. Wir hatten uns an den reduzierten Lebensstil gewöhnt, so dass wir auf der Heimfahrt in Bus und Bahn uns nicht einmal unser bequemes heimisches Bett herbeiwünschten, sondern nur sehnsüchtig von unseren Isomatten und Schlafsäcken träumten.

Zurück in der Zivilisation fühlte es sich surreal an unter so vielen Menschen zu sein, ganz fremd mitten in der Stadt, umgeben von Häusern, Straßenlaternen und Asphalt, statt See, Bäumen und Felsen. Es bleiben unzählige Eindrücke und Erinnerungen, volle Speicherkarten und die Sehnsucht nach mehr. Die Sehnsucht wieder loszuziehen in die Natur…

Geschrieben im Oktober 2023, Johannes K.

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